OFFENER BRIEF
an
Herrn Jean-Lou SIWECK
Chefredakteur des „Luxemburger Wort“
2, rue Christophe Plantin
L-2988 Luxemburg

Betrifft:

1. Leserbrief von Herrn J.-J. Flammang (LW 6/2/2016)
2. Antwort von Herrn L. Schley und Herrn J.-M. Cloos, Verwaltungsratsmitglieder von AHA (LW 24/2/2016)
3. Reaktion von Herrn J. Gilbertz (LW 27/2/2016)

 

Zweiklassengesellschaft beim Wort?

Geehrter Herr SIWECK,

Zwei Mitglieder des AHA-Verwaltungsrats hatten in dessen Namen dem Luxemburger Wort am 10/2/2016 eine Antwort auf den Leserbrief von Herrn Flammang vom 6/2/2016 geschrieben, in dem es darum ging "Gott" in der neuen Luxemburger Verfassung zu verankern "zum Wohl von uns allen". Diese Stellungnahme von AHA wurde unter anderem von Ihnen zurückgewiesen, weil darin der initiale Leserbriefschreiber viermal namentlich genannt wurde. Das war Ihnen ein bisschen viel "ad hominem" und ein bisschen wenig "ad rem" (Ihre E-Mail vom 18/2/2016). Sie antworteten AHA, dass Sie das was Sie publizieren nach qualitativen Kriterien entscheiden, eine durchaus lobenswerte Herangehensweise. AHA hat dies berücksichtigt und seinen Leserbrief angepasst um Ihren durchaus berechtigten Bemerkungen Rechnung zu tragen, ohne aber inhaltlich von der ersten Version abzuweichen. Die zweite Version unseres Briefs wurde letztendlich am 24/2/2016 publiziert, wofür wir uns hier noch einmal ausdrücklich bedanken wollen. Allerdings haben Sie bei der Publikation eigenmächtig den Doktortitel eines der Autoren hinzugefügt, obwohl dieser seinen Titel bewusst nicht beigefügt hatte (unsere E-Mail vom 18/2/2016).

Mit etwas Erstaunen entdeckten wir am 27/2/2016 in Ihrer Zeitung eine Reaktion eines Herrn Jean Gilbertz, in der es quasi überhaupt nicht mehr "um die Sache", also die luxemburgische Verfassung geht. Der Autor erbrüstet sich in seiner "Antwort auf die Doktoren der AHA" über die akademischen Titel der beiden unterzeichnenden Verwaltungsratsmitglieder, attackiert einen davon beruflich, und unterstellt diesem zu hoffen, dass Glaube demnächst als psychiatrische Krankheit angesehen wird. Ein Bild der Psychiatrie des Kirchberg-Hospitals (geschossen von einem Wort-Fotografen) mitsamt einer thematischen Bilderzeile (geschrieben von wem?) ziert den Artikel.

Ist dies Ihre Definition von "ad rem"?

In der Sache ging es darum ob, ja oder nein, ein „Gottes“bezug in die Verfassung gehört. Mit dem Beruf oder den akademischen Titeln der Unterzeichneten hat diese Diskussion nichts zu tun. Dass Ihre Zeitung persönliche Angriffe selektiv zulässt und fotografisch und inhaltlich unterstützt (siehe Foto mit Bilderzeile) widerspricht Ihrer eigentlichen Aussage, dass es um die "Sache" gehen soll und nicht um den Autor (Ihre E-Mail vom 18/2/2016).

Die inhaltlichen Ergüsse des Briefes von Herrn Gilbertz möchten wir nicht weiter kommentieren; wir sind überzeugt, dass jeder halbwegs vernünftige Wort-Leser (m/w) beim Lesen des besagten Briefs die richtigen Schlüsse zieht.

AHA wird manchmal fälschlicherweise Hass auf "Gott" und auf Gläubige unterstellt. Dazu sei Folgendes gesagt: AHA hasst "Gott" ebenso wenig wie unsichtbare rosafarbene Einhörner oder im Weltraum fliegende Teekannen. Des Weiteren hat AHA stets betont, dass zu unterscheiden ist zwischen Gläubigen und Glaube. Gläubige sind Menschen, und Menschen hat AHA immer respektiert, weil der Glaube oder Nicht-Glaube des einzelnen Menschen für AHA irrelevant ist. Glaube als Phänomen hingegen ist eine Idee; und religiöse Ideen muss man genauso kontrovers diskutieren und philosophisch anfechten können wie z.B. politische Ideen.

AHA verlangt keinesfalls, dass die Gläubigen aufhören zu glauben (wie könnten wir auch? sic!), ob nun an einen "Gott", eine "Göttin", mehrere "Götter", eine fliegende Teekanne oder ein Spaghettimonster. AHA verlangt aber, dass Menschen, die an keinen "Gott" glauben, in der Gesellschaft nicht diskriminiert werden, so wie dies auch gesetzlich verankert ist. Aus der unterschiedlichen Art und Weise, wie Sie den Leserbrief von AHA auf der einen und jene der Herren Flammang und Gilbertz auf der anderen Seite behandelt haben, kommt eben gerade diese Diskriminierung eindrucksvoll zum Vorschein. Was auch immer der Grund für diese scheinbare Zweiklassengesellschaft beim Luxemburger Wort ist: Wir finden ein solches Verhalten seitens einer großen Tageszeitung mehr als bedenklich.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Laurent SCHLEY, président
Manuel HUSS, secrétaire général
Taina BOFFERDING, vice-présidente

 

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2016-02-27_Offener_Brief_JL_Siweck.pdf