Kein Hinweis auf „Gott“!

Antwort auf „Mit einem Hinweis auf Gott?“ von Pater J.-J. Flammang vom 06.02.2016

In dem im Titel erwähnten Leserbrief wird die Meinung vertreten, dass in der neuen luxemburger Verfassung ein Verweis auf „Gott“ gemacht werden sollte, „zum Wohl von uns allen“.

In einer Verfassung werden die Grundsätze des Staates niedergelegt und Rechte und Pflichten von Staat und Bürgern beschrieben. Eine Verfassung sollte weder einen monotheistischen oder polytheistischen Gottesglauben, noch eine religionsfreie, humanistisch-atheistische oder agnostische Weltanschauung voraussetzen. Laut dem oben erwähnten Leserbrief soll scheinbar in der Verfassung eine monotheistische Staatsreligion verankert werden. Eine Verfassung ist jedoch für das ganze Gemeinwesen da, also auch für jene Menschen die überzeugt sind, dass es keine höheren Wesen gibt oder ihre Existenz bezweifeln, und ebenso für jene die an mehrere Götter glauben. Weltanschauungen sind laut Meinung von AHA Privatsache. Der Staat hat in der Verfassung die Sicherung der Grund- und Menschenrechte vor seinen Bürgern zu verantworten, und nicht vor unbewiesenen höheren Mächten.

Ein Bezug auf „Gott“ in der Verfassung würde klar den Teil der Gesellschaft favorisieren, die noch an einen glaubt. Die Diskreditierung von religionsfreien Weltanschauungen, die in besagtem Leserbrief zum Ausdruck kommt durch den Vergleich des Atheismus mit dem Naziregime und dem Kommunismus, ist aus unserer Sicht problematisch, weil gerade die katholische Kirche im Namen des „Gottes“ der laut besagtem Leserbrief in unsere Verfassung soll, im Laufe der Geschichte sehr viel Blut an den Fingern kleben hat und aktiv mit totalitären Regimen - wie eben gerade dem Naziregime - kollaborierte. Die Geschichte lehrt uns übrigens, dass das Naziregime keinesfalls atheistisch war: wäre Hitler Atheist gewesen, hätte er wohl das berüchtigte „Gott mit uns“ auf den Gürtelschnallen der Wehrmacht entfernen lassen, als er an die Macht kam - dies tat er jedoch nicht. In Stalins kommunistischem Regime wurden nicht Menschen umgebracht, weil Stalin Atheist war, sondern weil er Diktator war. Im Namen des Atheismus haben, im Vergleich zum Namen „Gottes“, herzlich wenig Menschen ihr Leben verloren.

Der Staat sollte sich daher gegenüber allen Glaubensrichtungen und religionsfreien Weltanschauungen neutral verhalten, und nicht „Gott“ sondern die Menschenrechte als höchstes Gut propagieren. Ein weltlicher Staat, ohne Gottesbezug in der Verfassung, der über ein friedliches Miteinander seiner unterschiedlich religiösen und religionsfreien Bürger wacht, ist daher die einzig richtige Lösung. Als Vorbild könnte in diesem Sinne die EU-Verfassung gelten: auch hier gibt es keinen Hinweis auf „Gott“.

Für den Verwaltungsrat von AHA Lëtzebuerg,
Dr. Laurent Schley, Präsident
Jean-Marc Cloos, Mitglied

 

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